Wer sich mit der Produktion von Digitalmedien auseinandersetzt, muss sich regelmäßig mit den Neuerungen von Basistechnologien, Browsern und Endgeräten beschäftigen. Gleichzeitig haben alle Umgebungen ihre Spezialitäten und Fallstricke, die sich oft nur durch mühselige Recherche im Web oder durch Trial & Error erschließen lassen. Umso schöner ist es da, wenn empfehlenswerte Bücher zum Thema erscheinen, die das Handwerkszeug für den Produktioner sinnvoll und strukturiert vermitteln. Eine Übersicht über spannende Veröffentlichungen der jüngsten Zeit:
Web-Gestaltung mit CSS
Druckfrisch in Deutschland auf den Markt gekommen ist aktuell „CSS Secrets: Typische Webdesign-Probleme klug gelöst„, erschienen bei O’Reilly: Die Autorin Lea Verou arbeitet sich in sieben Kapiteln durch häufig vorkommende, aber nach wie vor nicht triviale Gestaltungs-Themen, die mittlerweile mit CSS gelöst werden können – auch wenn diese Lösung oft nicht so ganz auf der Hand liegt. Die Bandbreite der Themen reicht dabei von klassischen Webdesigner-Fragen zu Hintergründen und Rahmen für Elemente über Detailfragen der Web-Typografie wie Ligaturen, Silbentrennung und Unterstreichungen für Linkstyles bis hin zu Animationen und UX Design mit CSS-Mitteln. Wie quasi immer bei Titeln aus dem Hause O’Reilly zeichnet sich nicht nur die Autorin durch außerordentliche Kompetenz in ihrem Fachgebiet aus – auch Aufmachung und Darstellung sind ganz hervorragend und laden zum direkten Ausprobieren ein. Vom Komplexitätsgrad her reichen die Anwendungsfälle von reinen Darstellungsthemen, die mit wenigen Zeilen Code abgehandelt sind bis hin zu Fallbeispielen, die auf den ersten Blick eher an Javascript-Programmierung denken lassen, als an CSS.
Das Buch richtet sich insofern aber an fortgeschrittene CSS-Anwender: CSS 2.1 sollte man quasi auswendig können, ehe man mit der Lektüre beginnt – und für ein schnelles Querlesen sind die Beispiele auch nicht geeignet, dieser Titel ist ein ausgesprochenes Arbeitsbuch. Sehr schön: Die Codebeispiele stehen nicht nur im Buch, sondern werden auch über das Code-Playground-Tool Dabblet zum interaktiven Ausprobieren zur Verfügung gestellt – ideal für das schnelle Verständnis von Variationen und auch als Testumgebung! Als Wehmutstropfen bleibt alleine, dass sich die Beispiele so tief in der Funktionalität von CSS 3 bewegen, dass man bezüglich der Anwendbarkeit auf Websites und Online-Applikationen beschränkt bleibt: Als eBook-Designer dürfte man kaum eines der CSS-Features in irgendeinem EPUB-Reader realisiert bekommen – was den Wert des Titels an sich aber in keiner Weise schmälert.
Wer daneben noch nach einer guten CSS-Referenz sucht, sollte einen Blick auf das 2016 gelaunchte cssreference.io werfen: diese kleine, aber feine Referenzseite listet zunächst wie sonst üblich alle CSS-Eigenschaften aus CSS 3 – bietet daneben aber auch Beispielcodes und vor allem visuelle Darstellungen für alle gezeigten Eigenschaften und Werte, die direkt im Browser angezeigt werden. Zusammen mit einem Webcode-Playground-Tool wie CodePen oder dem oben erwähnten Dabblet ergibt sich so eine ideale Lernumgebung, die man auch beim Arbeiten im Code immer wieder zu Rate ziehen kann (mit htmlreference.io gibt es inzwischen auch eine Geschwister-Seite für HTML).
EPUB und InDesign
Mit InDesign eBooks im EPUB-Format zu erzeugen, ist eine Angelegenheit mit einigen Ecken und Kanten – aber aufgrund der großen Menge an InDesign-Nutzern auch ein Problem, das relativ viele Menschen betrifft. Wer von Null an in die Thematik einsteigen will oder muss, für den ist Andrea Nienhaus‘ Überblick „E-Books bauen in InDesign“ aus der Page genau das Richtige: ursprünglich in der Ausgabe 09.2015 der (gedruckten) Page erschienen und jüngst online (wieder-)veröffentlicht zeigt der eGuide alle wichtigen Schritte von der InDesign-Datei über die Vorarbeiten und die Export-Vorbereitung bis hin zur fertig exportierten EPUB-Datei und dem nötigen Finishing in Tools wie Sigil. Bei der Kürze des kostenlosen Guides können natürlich nicht alle denkbaren Eventualitäten berücksichtigt werden, aber für einen intuitiven Einstieg ist die Übersicht sehr gut geeignet – und für einfache Titel aus dem Belletristik- oder Selfpublishing-Bereich sollte der Grundablauf auf jeden Fall ausreichend sein.
Muss man dagegen tiefer in das Thema einsteigen, gibt es in deutscher Sprache nach wie vor quasi keine Alternative zu Yves Apels „E-Books mit InDesign CC“ (dpunkt Verlag): Der ausgewiesene InDesign-Experte hat sich dafür durch alle Untiefen von Adobes EPUB-Implementierung gearbeitet und präsentiert mit diesem Buch eine Anleitung, die kaum noch Fragen offen lassen sollte – dafür aber natürlich aufgrund der immensen Möglichkeiten von InDesign mit einer gewissen Komplexität verbunden ist. Leider ist der Titel mittlerweile schon drei Jahre alt und hat seitdem keine Neuauflage erfahren (was bei den aktuellen Versionszyklen der CC eine halbe Ewigkeit ist), insofern muss man sich die seitdem eingeführten Features dann doch wieder alleine erschließen – aber eine gute Referenz auf diesem Gebiet ist dennoch bares Geld wert. Als Ergänzung dazu kann der Blog von Yves Apel selbst sowie das stets lesenswerte einmanncombo.de dienen.
Web-Fonts in Apps und eBooks
In den letzten Jahren hat die Web-Typografie enorme Fortschritte und die Online-Welt von einer gestalterischen Wüste zu einem Feld gemacht, auf dem sich die Web-Typografie schon quasi zu einer eigenständigen gestalterischen Disziplin entwickelt hat. Die dadurch entstanden Möglichkeiten auch kompetent zu nutzen, ist aber weniger trivial, als es auf den ersten Blick scheinen mag: denn hier geht es nicht darum, die Regeln des Print-Satzes 1:1 ins Web zu kopieren, sondern das Medium in seinen eigenen Gesetzlichkeiten zu unterstützen. Einen wunderbaren Einstieg in das Thema bietet der Guide „Schrift – Interface – Identität. Fonts in Apps.“ von Frank Rausch, zu erhalten als kostenloser Download auf der Website von Monotype. Kurz, aber prägnant wird hier dargestellt, worin sich Digitalmedien von gedruckten Medien bezüglich des Schrift-Einsatzes unterscheiden, nach welchen Kriterien moderne Web-Fonts erstellt werden und wie dies die Lesbarkeit auf Bildschirmen unterstützt. Ebenso bekommt man einen guten Eindruck, was gute Web-Fonts ausmacht und wie man Schriften für sein eigenes Projekt auswählen kann. Obwohl der Titel zunächst nur auf Apps hindeutet, gelten die allermeisten Ausführungen genauso für jedes Online-Projekt sowie auch für das eBook-Design – die Lektüre kann ich insofern jedem Digital-Produktioner nur wärmstens ans Herz legen!
Egal, ob Sie sich für CSS interessieren, für EPUB oder auch für Web-Typografie: Ich wünsche in jedem Fall eine erkenntnisreiche Lektüre!