Zum zweiten Mal habe ich dieses Jahr zusammen mit Harald Henzler von smart digits die Gelegenheit, ein umfangreiches Seminarprojekt in Indien zu realisieren: Im Auftrag des Goethe-Instituts und in Zusammenarbeit mit der Akademie der Deutschen Medien sowie dem National Book Trust of India verstalten wir in Kolkata einen sechsmonatigen Kurs zum Digitalen Publizieren für indische Verlagsleute, der nach dem innovativen „Blended Learning“-Modell organisiert ist. Und natürlich ist so ein Projekt immer auch ein Blick über den Tellerrand, bei dem man als Dozent mindestens so viel lernt wie die Teilnehmer.

Blended Learning – was ist das eigentlich?

Mit Blended Learning wird eine Seminarform bezeichnet, bei der Workshops und Präsenzveranstaltungen in einem didaktischen Konzept mit Online-Lerneinheiten verbunden werden. Mit dieser Lernform werden die Nachteile reiner Online-Training ausgeglichen (große Distanz zu den Lernenden, wenig soziale Interaktion, schwierige Lernkontrolle) und ein Seminartyp geschaffen, der sich insbesondere für Lerninhalte mit viel Konzept- und Methoden-Anteil bzw. mit geringen Anteil an reinem Faktenwissen eignet. Auch für internationale Projekte wie in unserem Fall ist die Mischung ideal: für ein reines Online-Training ist die Distanz zwischen Kulturen und Märkten einfach zu groß, eine reine Präsenz-Veranstaltung wäre bei der Menge der Lerninhalte kaum finanzierbar.

Unser Kurs-Konzept

Der Kurs „Digital Publishing Manager“ gibt einen kompakten Überblick über alle relevanten Aspekte des Digitalen Publizierens, abdeckt werden dabei folgende Themen:

• Der Markt für Digitalmedien
• Produkttypen und Formate für Digitalmedien
• Kunden- und Zielgruppen-Analyse
• Online- und Social-Media-Marketing
• Geschäftsmodelle für Digitalmedien

Der Kurs wird jeweils von einem Start- und einem Abschluss-Workshop vor Ort eingerahmt. Bei Start-Workshop geben wir in kurzen Impulsvorträgen einen Einstieg in die jeweiligen Themen, daneben besteht etwa die Hälfte der Zeit in der Bildung von Projektgruppen und der Konzeption von Muster-Projekten, die während der Kurslaufzeit dazu dienen, die Themen prototypisch in der Praxis durchzuspielen.

Für die sechsmonatige Online-Trainings-Phase verwenden wir die Lernplattform Moodle, die beim Goethe-Institut gehostet und dort vor allem für den Deutsch-Unterricht eingesetzt werden. Die Themen des Kurses werden dort mit einer Mischung aus vorproduzierten Lernvideos, vertiefender Literatur und praktischen Aufgaben zu den Muster-Projekten der Teilnehmer vermittelt. Zu den rein passiven Lernformen kommen interaktive Elemente wie Kursaufgaben mit Forums-Diskussion, individuelles Feedback zu den praktischen Aufgaben sowie die Möglichkeit zum Live-Chat hinzu.

Im Abschluss-Workshop präsentieren die Teilnehmer dann die Ausarbeitungen ihrer Projekte in den fünf Fachthemen und arbeiten zusammen mit uns drei Tage lang an den Details, bis am Ende ein Produktkonzept steht, das man konkret realisieren könnte. Wir verwenden dabei in vereinfachter Form dieselben Tools und Methoden, die wir auch in der Beratung von Unternehmen aus dem Verlags- und Medienbereich einsetzen.

 

Gerade in den zwei Projekten für das Goethe-Institut haben wir bisher hervorragende Erfahrungen mit Moodle als Lernplattform gemacht: Wie immer kommt es dabei auf eine kluge didaktische Führung und auf die intelligente Verknüpfung von digitalem Medium und persönlicher Betreuung an. Aber als Plattform ist Moodle recht intuitiv für Dozenten wie für Lernende und bietet alle Möglichkeiten zur medialen Vermittlung, die für komplexe Themen notwendig sind. Unsere Erfahrungen dazu haben wir auch in ausführlichen Beiträgen zu MOOCs, zu Blended Learning sowie zur Zukunft des Fachbuchs zusammengefasst.

 Was tut sich im indischen Markt?

Indien ist aktuell ein extrem dynamischer Markt, in dem gerade die Publisher so etwas wie Goldgräberstimmung verspüren: in der Digitalisierung sieht man hier die Chance, die strukturellen Probleme für Verlage und Medienhäuser zu kompensieren und in der Online-Ökonomie ganz neue Modelle zu realisieren, die sonst unmöglich wären. Im Land entwickelt sich so ein ganz eigenständiges digitales Ökosystem, von dem auch Verlage profitieren. Und wie so oft ist das Thema Bildung ein großer Treiber für die Entwicklung im Markt.

Natürlich sind hier auch die großen mobilen Ökosystem-Anbieter unterwegs, die in diesem ganz eigenen Markt aber vor großen Herausforderungen stehen: Apple musste bereits lernen, dass Indien nach eigenen Regeln funktioniert und Facebook hat hier mit seiner Free-Basics-Initiative auf spektakuläre Weise Schiffbruch erlitten. Auch Amazon expandiert nach Indien, tut sich im Markt aber ebenfalls sichtlich schwer. Es ist also noch genug Platz im Markt für junge, innovative Startups mit eigenen Modellen, wie jüngst das Beispiel des Mobile-eReading-Anbieters Juggernaut beweist, den wir aktuell in einem längeren Artikel vorgestellt haben.

Sie wollen mehr wissen?

Unsere Erfahrungen mit dem indischen Verlagsmarkt habe ich auf der AKEP-Jahrestagung 2014 in einem Vortrag in der Session zu internationalen eBook-Märkten zusammengefasst. Die Slides dazu sind auf Slideshare veröffentlicht:

Zu unserer Reise hat die Akademie der Deutschen Medien auf ihrer Facebook-Seite eine Fotogallerie mit Eindrücken aus dem Kurs und von Kolkata als Stadt veröffentlicht, auf die ich Sie ebenfalls gerne hinweisen möchte:

Über die zwei Seminarprojekte haben wir darüber hinaus natürlich umfangreiche praktische Erfahrung mit der Konzeption und Realisierung von Kursen nach dem Blended-Learning-Modell gesammelt. Wenn Sie Bedarf haben, solche Kurse auch in Ihrem Unternehmen einzusetzen, kommen Sie gerne auf uns zu – wir würden uns freuen, ein für Sie passendes, individuell zugeschnittenes Modell mit Ihnen zu realisieren!