EPUB aus Google Docs erstellen: Was kann der eBook-Export?

teaser Wie der Entwicklerblog von Google aktuell meldet, können nach dem jüngsten Update der Web-Anwendung EPUB-Dateien auch direkt aus Google Docs heraus erzeugt werden. Grundsätzlich ist das natürlich eine tolle Sache, doch wie immer bei derartigen Meldungen ist Vorsicht geboten, ob das Tool am Ende wirklich hält, was das Marketing verspricht. Wir erinnern uns dazu zum Beispiel an Liberio, das vor zwei Jahren mit hohen Erwartungen gestartet und recht schnell wieder eingestellt wurde. Daneben ist aber beim EPUB-Export als Funktion vor allem relevant, wie gut das Ergebnis ist und wieviel Nacharbeit erforderlich ist. Ich habe mir deswegen den Export anhand einer Testdatei angesehen und auf Tauglichkeit für die Produktion bewertet:

 Testergebnisse

Der Export erfolgt über den Dialog Datei / „Herunterladen als…“, dabei gibt es keine Konfigurationsmöglichkeiten oder Einstellungen, daher auch keine Möglichkeit zur Angabe von EPUB-Metadaten oder einer Cover-Datei. Der Export erzeugt reines und valides EPUB3, allerdings ohne eingebundenes ncx-File, ist also nicht abwärtskompatibel zu EPUB2-Readern. Aus den Dokumentüberschriften wird aber ein sauberes NAV-Dokument für EPUB3-Reader erzeugt. Aus jedem Google Doc wird immer ein EPUB3 mit genau einem enthaltenen HTML-Content-Dokument generiert.

epub-export

EPUB-Export aus Google Docs: Der Export erfolgt auf denkbar einfache Weise über den „Herunterladen als…“-Dialog der Web-Anwendung.

Die Export-Ergebnisse zeigen folgende Merkmale im EPUB:

  • Formate und Layout-Zuweisungen aus Docs werden einigermaßen sauber übernommen und vernünftig auf HTML-Elemente abgebildet. Das generierte CSS enthält maschinell erzeugte Formatklassen mit Klassennamen ohne Sinngehalt. Das CSS wird als Inline-CSS im <head> der HTML-Datei eingebunden und an einigen Stellen (z.B. bei Abbildungen) durch Inline-Styles im Dokument ergänzt.
  • Die Überschriften- und Absatz-Struktur des Dokumentes landet sauber im HTML. Listen werden korrekt in HTML-Tags umgesetzt. An einigen Stellen werden ohne direkt erkennbare Regelhaftigkeit leere Absatz-Container erzeugt, die aber wenigstens alle dieselben Formatklassen tragen (also per Skript leicht ausfilterbar wären, oder über display:none im CSS weggeblendet werden können).
  • Tabellen werden inklusive Linierung, Ausrichtung und Überspannungen korrekt in HTML-Tagging übersetzt. Allerdings erfolgt keinerlei Optimierung der Anzeige für EPUB-Reader im CSS, das Styling ist hier sehr generisch auf Browser ausgelegt.
  • Bilder werden sauber ins EPUB und die HTML-Datei eingebunden und korrekt referenziert. Auch hier erfolgt keine CSS-Optimierung für die Anzeige in eReadern. Die Bilder behalten exakt das im Google Doc eingebundene Dateiformat und werden mit dieser Größe ins EPUB eingebunden (was genau passiert, wenn Objekte eingebunden werden, die nicht zu den EPUB Core Media Types gehören, habe ich ehrlich gesagt nicht ausprobiert).
  • Verlinkungen und Fussnoten aus dem Google Doc werden als verlinkte Texte ins EPUB übertragen, bei Fussnoten sogar mit bidirektionaler Verlinkung – allerdings für die EPUB3-Version ohne semantische Auszeichnung von Fussnoten und ihren Ankern mit epub:type.
epub-stylesheet

Das eingebundene Stylesheet zeigt die typischen Merkmale von generiertem CSS: Die Formatklassen sind ohne Logik benannt und mit generischen Basis-Formatierungen verstehen; die Einbindung erfolgt per <style>.

Der Aufbau eines Test-Szenarios und der Export sind zwar denkbar einfach, wer sich aber dennoch die Arbeit sparen und direkt in die Ergebnisse schauen möchte, kann dafür meine in Google Docs verwendete Testdatei und das daraus generierte EPUB zu Rate ziehen.

Wofür ist der EPUB-Export nützlich?

Bei den Testergebnissen wird schnell klar, dass der EPUB-Export von Google Docs alleine keine Dateien erzeugen kann, die ohne weitere Bearbeitung und Finishing in Tools wie Sigil o.ä. schon für die Nutzung in Vertriebsplattformen verwendbar sind. Google Docs ist damit keinen Fall als One-Stop-Autorentool oder Werkzeug für den kompletten Produktionsprozess zu gebrauchen. Der Export kann aber nützlich sein, um Texte aus Google Docs „mal schnell“ nach EPUB zu bekommen, ohne sehr viel Wert auf Schönheit oder ein unmittelbar verwendbares EPUB zu legen, etwa für folgende Anwendungs-Szenarien:

  • Man will einen Text aus Google Docs einfach nur auf eine andere Plattform mitnehmen, z.B. im eReader für die Offline-Nutzung ablegen.
  • Man hat mit Autoren zu tun, die ohnehin in Google Docs ihre Manuskripte schreiben und kann EPUB-Produktion ohne Koppelung an den Print-Produktions-Prozess realisieren.
  • Man braucht ein „Zwischentool“ zum Normalisieren von Dokument-Inhalten, wenn man einfachere Manuskripte ohne viel Aufwand in einigermaßen gut strukturiertes HTML wandeln will (z.B. wenn man ansonsten nur Word oder PDF als Manuskriptbasis hat).

Mit dem EPUB-Export hat das Google-Docs-Team also sicher nicht das ePublishing neu erfunden, eine Bereicherung für die Toolbox der eBook-Produktioner ist das Werkzeug aber allemal.

 

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