Bereits im Juni diesen Jahres hat Apple bei der Vorstellung des neuen Mac OS X „Mavericks“ angekündigt, dass in dieser Betriebssystem-Version nun auch iBooks Teil der mitgelieferten Apple Core Apps wird. Die Portierung auf den Desktop war ein längst überfälliger Schritt angesichts der aggressiven Multiplattform-Strategie der anderen Online-Ökosysteme, auch wenn sie zunächst nur für die eigene Plattform realisiert wird. Was aber bringt iBooks auf dem Desktop wirklich mit sich?
Die offizielle Ankündigung auf der Apple-Seite feiert die neue iBooks-Version für Mac OS X vollmundig als „in neues Kapitel in der Geschichte von iBooks“ – aber wie immer bei Marketing-Versprechen dieser Art ist gesunde Skepsis angebracht. Denn de facto holt Apple hier nach, was andere bereits über mehrere Jahre vormachen: Amazon ist mit seinen Kindle-Apps auf mehr oder weniger jeder relevanten Plattform präsent und hat mit seinen HTML5-basierten Cloud Readern/Playern noch massiv nachgelegt, Google hat sein Content-Ökosystem gleich komplett auf Browser-Nutzung ausgelegt. Und nachdem Apple im Musikbereich mit iTunes selbst vorgemacht hat, dass breiter Markterfolg nun einmal auch über die Präsenz auf dem Desktop geht, war immer schon rätselhaft, warum man genau diesen Weg nicht genutzt hat.
Features der Desktop-Version
Funktional gesehen bleibt iBooks aber doch weitgehend identisch zur iOS-Version, wenn man sich die Feature-Liste einmal genau ansieht. Im Grunde beschränken sich die Unterschiede auf drei wesentliche Punkte:
- Die eBook-Bibliothek basiert im Backend auch auf der Speicherung in iCloud, d.h. Lesefortschritt, Notizen und Hervorhebungen in den Titeln werden über alle iOS- und Mac OS-Geräte hinweg synchronisiert. Praktisch, aber sicher nicht revolutionär – zumal dies die Konkurrenz bei Amazon und Google ebenfalls beherrscht.
- Daneben hat die Mavericks-Version einen Multi-Fenster-Modus spendiert bekommen, der Nutzer kann also im Gegensatz zu iOS-Version mehrere eBooks nebeneinander geöffnet halten. Dieser Punkt ist wirklich praktisch – insbesondere, wenn man iBooks tatsächlich so viel zum Lernen und Studieren nutzen will, wie von Apple angestrebt.
- Der verfügbare Platz auf den deutlich größeren Displays wird sinnvoll ausgenutzt: Neben einem standardmäßig aktivierten Doppelseiten-Modus werden Notizen und Hervorhebungen im Text in zwei Seitenleisten visualisiert, die an den beiden Bildschirmrändern angebracht sind. Zum Lernen ist dies sicher ebenfalls ein sinnvolles Feature – vor allem, wenn im Gegensatz zu iOS-Geräten genug Platz auf dem Bildschirm verfügbar ist.
Javascript in EPUB: Mäuse nicht vergessen!
Einen Unterschied bringt die Mac OS-Variante aber zusätzlich mit, der für Anbieter und Entwickler von enhanced eBooks relevant ist: Der InDesign-Experte Rick Gordon hat darauf hingewiesen, dass Javascript-Widgets und andere Bedienelemente in EPUB-Dateien, die auf Nutzerinteraktion über Javascript basieren, nun neben den Touch-Events auch Mouse-Events berücksichtigen müssen, damit sie unter Mac OS sinnvoll nutzbar sind. Im Grunde nur ein kleines Detail, was implizit mit der Umstellung hinzu kommt – aber sicherlich die Notwendigkeit für einige Content-Anbieter, hier mit Updates nachzulegen.
Und was sagen die Mac-Kunden dazu?
Interessant für Content-Anbieter ist bei der Portierung von iBooks natürlich, ob dadurch neue Kunden gewonnen bzw. der Leserkreis von eBooks auf dem Mac verbreitert werden kann. Eine (nicht repräsentative) Umfrage des Portals www.imore.com zeigt dazu, dass immerhin um die 50% der befragten Nutzer auf das Feature gewartet haben bzw. es zumindest gerne ausprobieren möchten. Ob dies aber zu nennenswerter Steigerung von Verkaufzahlen führen kann, dürfte angesichts der verhältnismäßig geringen Anzahl von Mac-Nutzern doch sehr fraglich sein. Daneben dürften unter den Befragten auch viele „Mehrfachnutzer“ von Mac OS- und iOS-Geräten sein, die zwar sicher die Möglichkeit zum Plattform-übergreifenden Lesen schätzen werden – aber ob sie deswegen mehr eBooks kaufen werden?
Fazit
Letztlich bleibt in der Bilanz dieser iBooks-Version vor allem eines übrig: Ein Convenience-Update für Mac-User. Alle PC-Nutzer werden wohl noch länger vergeblich auf eine Portierung für Windows analog iTunes warten. Und Apple betreibt weiterhin die Strategie eines „walled garden“, der sich ausschließlich über die Geräte des Hauses definiert – während alle anderen Anbieter versuchen, sich so breit wie möglich aufzustellen. Wie lange das noch gut gehen wird? Man darf gespannt sein.
> Und nachdem Apple im Musikbereich mit iTunes selbst vorgemacht hat, dass
> breiter Markterfolg nun einmal auch über die Präsenz auf dem Desktop geht,
> war immer schon rätselhaft, warum man genau diesen Weg nicht genutzt hat.
Du hattest die Antwort vor einer Weile doch erst getwittert:
http://www.the-digital-reader.com/2013/07/15/why-apple-really-wanted-ibooks-an-alternate-theory-and-why-everone-is-wrong/
Es geht Apple dabei wohl kaum um die Content-Verkäufe, sondern die Hardware-Verkäufe – vor allem von iPads im Bildungsbereich…
Ja, da hast du sicher schon recht damit. Ich habe nur andererseits nie verstanden, warum sich Apple einen Markt entgehen lässt, der mit einer relativ einfachen Software-Portierung erschließbar wäre. Aber dafür sind sie wahrscheinlich tatsächlich zu sehr ein „Hardware-Unternehmen“…