Seit Wochen köchelt die Gerüchteküche über das Produktlaunch-Event von Amazon: Neben der zweiten Generation des Kindle Fire war ein neuer Kindle eReader mit Hintergrundbeleuchtung im Gespräch und sogar über die Präsentation eines Amazon Smartphone wurde gemutmaßt. Selbst der Börsenkurs der Amazon-Aktie stieg vor der Pressekonferenz auf eine neue Rekordmarke. Welche Neuerungen wurden also heute in Santa Monica präsentiert?
Kindle Paperwhite
Eines der Gerüchte, das vom in Sachen Amazon-Spekulationen momentan wohl führenden Portal The Verge bereits berichtet wurde, bestätigt sich: Der neue Kindle ist mit einer neuen, Technik für brilliante, aber dezente Hintergrundbeleuchtung ausgestattet, hat eine deutliche erhöhte Bildschirmauflösung, ein kapazitives Touchscreen-Display und behält dennoch seine lange Akku-Laufzeit.
Das Display ermöglicht Features wie Schriftart und Helligkeits-Anpassung, die neu in die Kindle-Software aufgenommen wurde. Social Reading-Features wie Anzeige der durchschnittlichen Lesezeit, oder eine „Lending Library“, mit der Nutzer sich gegenseitig Titel ausleihen können, ergänzen die Dienste im Kindle Ökosystem. Über „X-Ray for Books“ können Zusatzinformationen wie Details zu Charakteren, Schauplätzen oder Autoren abgerufen werden. Der Paperwhite scheint also eine spannende Ergänzung der Produktpalette mit einem neuen Hardware-Typ zu werden. Er wird 119$ kosten, die 3G-Variante 179$. Der Kindle „classic“ bleibt in der Produktpalette, der Preis wird dafür auf 69$ gesenkt – gegenüber den gerade annoncierten, neuen Modellen des Kobo-Reader eine wirklich gute Positionierung im Spektrum der Konkurrenten auf dem eReader-Markt.
Kindle HD
Auch das ist keine wirkliche Überraschung: Nach der Nachricht über den Ausverkauf der erste Kindle-Generation mußte hier ein Update her. Der erste Kindle Fire wird mit kleinen Anpassungen neu aufgelegt: Mit besserem Prozessor und doppelt so viel RAM wird der Preis auf 159$ gesenkt – ein absoluter Kampfpreis, verglichen mit dem Rest des Tablet-Marktes. Daneben wird tritt das zweite Modell der Produktpalette: der Kindle Fire HD kommt mit einem 9-Zoll-Display, einer auf 1920 x 1200 Pixel erhöhten Auflösung und einem neu konstruierten Touch-Sensor, der gleichzeitig die Bildschirm-Spiegelungen verringern soll. Details wie verbesserte Lautsprecher, eingebautes Dolby Digital Plus und Unterstützung für WiFi der zweiten Generation sowie zwei WiFi-Antennen tragen ebenfalls zur Produktpflege bei:
Aber auch in der Software und den Diensten hat sich einiges getan: Eine Kombination von eBook und Hörbuch mit gegenseitiger Synchronisation ermöglicht es, je nach Situation und Gerät das Buch entweder zu hören oder zu lesen – Whispersync for Audio nennt sich das Feature für medienübergreifenden Lesegenuss. Eine ähnliche Funktion soll es für die Spiele aus dem Amazon App Store geben: Spielstände können mit Whispersynch for Games gespeichert und über Geräte hinweg synchronisiert werden. Ein Feature namens „X-Ray for Movies“ ermöglicht Einblendung von Zusatzinformationen zu entsprechend getaggten Filmen auf dem Fire.
Daneben gibt es interessante Updates im Betriebssystem und den integrierten Anwendungen:
- eMail-Client mit Exchange-Server-Integration und Synchronisations-Option mit allen großen Maildiensten
- Skype- und Facebook-Anwendungen, die für den Fire angepaßt wurden, dazu gibt es eine eingebaute HD-Webcam
- Favoriten-Verwaltung, die Content und Anwendungen gleichermaßen aufnehmen kann
- Nutzerprofile für Mehrbenutzer-Betrieb
- Möglichkeit für die Steuerung von Nutzungslimits für Kinder, differenziert nach verschiedenen Anwendungen
Die Produktpalette der Kindle HD-Modelle ist dabei wie erwartet breit und beginnt beim 7-Zoll-Modell mit 16GB-Festplatte für 199$ über das 9-Zoll-Modell für 299$ bis zum High-End-Modell mit 32GB Festplatte und LTE-Mobilfunk-Anbindung für 499$. Der Clou dabei: Für 50$ pro Jahr (!) kann die LTE-Datenflatrate inklusive 20GB Cloud-Speicherung und 250MB Datentransfer/Monat mit dazu gebucht werden. Der Preisvergleich mit ähnlichen Angeboten für Apple’s iPad ist erstaunlich – der Fire kostet dann doch erheblich weniger.
Fazit
Ein Smartphone sollte es also dann doch nicht werden – aber mit den neuen Modellen für eReader und Tablet hat Amazon ordentlich nachgelegt: In allen Teilen der Produktpalette wurden eine Menge Produktverbesserungen in vielen Details vorgenommen, die jeder Kindle-Fan lieben wird. Die Produkte werden nach wie vor zu erstaunlichen, und wahrscheinlich bis ans Limit subventionierten Kampfpreisen in den Markt gebracht – im Tablet-Bereich ein deutliches Signal an Apple. Im Software-Bereich erscheinen die Funktionen am interessantesten, die auf Vernetzung des Nutzungsverhaltens zwischen mehreren Geräten und Synchronisation mit dem zentralen Cloud-Speicher ausgelegt sind – Amazon denkt damit den Gedanken des integrierten Ökosystems mit zentraler Datenhaltung in ihrer Logistik-Infrastruktur ein ganzes Stück weiter.
Unmittelbar nach der Präsentation in den USA wurde dann auch der Marktstart des Kindle Fire für Deutschland angekündigt – ab 25. Oktober ist zumindest die kleinere Variante auch hierzulande verfügbar, und auch die aktualisierten eInk-Kindles können ab sofort bestellt werden. Auf der Amazon-Seite zum Kindle Fire kann neben einer ausführlichen Produktbeschreibung auch ein schöner Vergleich der verschiedenen Modelle abgerufen werden.
Wo positioniert sich Amazon mit dem Kindle Fire in Europa? Ausstattungsmerkmale und Features rücken die Geräte stark in Richtung der Apple-Tablets, aber zu einem deutlich niedrigeren Preis. Gegenüber den Android-Konkurrenten dagegen hat Amazon bei ähnlichem Preisniveau den Vorteil eines riesigen Content-Angebots für alle Kanäle zu bieten. Es bleibt abzuwarten, ob Apple in seiner nächsten Runde Produktnews wirklich mit einem iPad mini kontert, aber nachdem die Gerätepalette sich zunehmend angleicht, könnte die Differenzierung am Ende vor allem über Preis und Content stattfinden.
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